Hans Peter des Coudres


Biographie Ludwig „Louis“ Des Coudres
(1820 – 1878)

Ludwig des Coudres stammt aus dem burgundischen Geschlecht Friolet von dem sich ein Stamm zu Beginn des 15. Jahrhunderts aus der Freigrafschaft wenig südlicher wandte, um sich bei La Sagne im Fürstentum Neuchchátel, das als Neuenburg 1707 – 1857 preußisch war, niederzulassen. Dort nannte sich der Zweig der Sippe nach seinem neuen Besitz. Ein Nachkomme, Mitglied der bedeutsamen politischen, eidgenössischen Schutz und Trutz Bürgerschaft Valengin, wanderte 1713, also schon zu peußischen Zeiten, über Berlin nach Kassel, wo seit 1743 ein deutscher Familienast blühte. In Kassel wurde Ludwig Des Coudres am 10. Mai 1820 als Sohn des Johann des Coudres und der Jeanette Christine Rivière geboren. Vater, Großvater (Heinrich des Coudres, Kurhessischer Kommerzienrat, 1749 – 1825) und Urgroßvater (Jean Pierre des Coudres 1712 – 1767) unterhielten in dem um 1730 erbauten Hause Nr. 15 in der Oberen Königstraße in Kassel eine Gold- und Silberwarenfabrik (Posamenten). Ludwig Des Coudres, der zweijährig schon den Vater verlor, verlebte seine frühe Jugend mit zwei Brüdern (Heinrich Valentin 1818 – 1848 und Julius Heinrich 1822 – 1902) im elterlichen und großelterlichen Hause in Kassel.

 

Mannigfaltig sind die frühen Anregungen und Einflüsse künstlerischer Art, die der junge Ludwig empfing. In einer Niederschrift „Aus meinem Leben“, der wir manch wertvolle Einzelheit seiner inneren und äußeren Entwicklung verdanken, untersucht er selbst die geheime Triebfeder seiner künstlerischen Sendung. Da sind einmal die mit erlesenen Bildern ausgestatteten Zimmer im Elternhaus, bei verwandten und Freunden, da wirken die einzigartig kostbaren Kunstschätze seiner Kasseler Vaterstadt und deren Umgebung auf ihn ein, unter ihnen wieder besonders die Meisterwerke der deutschen, italienischen und niederländischen Malerei. Aber stärker als alles dies für das empfängliche Gemüt gewesen sein mag, war der Umgang mit dem für die bildende Kunst besonders aufgeschlossenen älteren Menschenkreis, an und in dem sich der junge Mensch langsam steigerte.

 

Wenngleich unter den Ahnen sich keine ausübend künstlerische Begabung nachweisen lässt, so lebte in dem jungen Ludwig Des Coudres schon früh ein Erbe auf, das wir nicht zuletzt, ohne die Einflüsse der Umwelt überbewerten zu wollen, aus dem kunstsinnigen und gefühlsreichen Kreis der bürgerlichen deutschen Romantik abzuleiten ein Recht haben. Dem empfänglichen Jüngling bedeuteten wohl besonders viel die Familienbeziehungen zum Hause des Kasseler Akademiedirektors Ludwig Hummel. Dort verbrachte er Stunden weihevollen Kennenlernens antiker Plastik und bester abendländischer Malerei. Hummel selbst fördert seine Neigung. Außer von dieser starken Wirkung von Kunst und Künstlern spricht Ludwig noch von einem anderen Element seines inneren Wachsens. „Auch die Natur übte schon früh ihren Zauber auf mich aus. Die schöne landschaftliche Umgebung von Kassel mit seinen herrlichen Parks war ganz dazu angetan, mein jugendliches Gefühl anzuregen, zumal da das architektonisch Geordnete, die Luxusbauten mit ihren Säulen und Statuen, mit welchen diese Anlagen geschmackvoll unterbrochen sind, früh zu einem kunstverlangenden Gemüt sprechen.

 

Auf meines Großvaters Landgut (Glimerode bei Hess.-Lichtenau) erhielt ich ähnliche Eindrücke: Dort war ebenfalls, obgleich in kleinerem Maßstab, Natur und Kunst gemischt. Die kleinen Eremitagen und Häus´chen in den poetisch gelegenen Waldtälchen regten meine träumerische Phantasie und schufen Bilder zu meiner lieben Märchenwelt. Wenn ich dort so träumend herumwandelte und dem Rauschen des Windes in den hohen Tannen lauschte, oder wenn ich durch die Waldesgründe die Burgruine (Reichenbach) liegen sah – ja nur in Gedanken an diese Herrlichkeiten, fühlte ich mich von dem erhabensten Schauer durchdrungen. Ganz besonders aber machten schöne Menschen einen großen Eindruck auf mich, ich wurde nicht satt, sie anzusehen. So konnte ich meine Mutter, die damals noch in ihren besten Jahren war, oft und lang betrachten und mich in ihren Anblick vertiefen.“

 

So versuchte sich Ludwig schon in frühen Jahren im Zeichnen und Malen. Mit dreizehn Jahren schuf er seine erste Radierung nach der Natur, wenig später geraten ihm kleine Löwenstudien aus einer in Kassel weilenden Menagerie, hessische Uniformstudien und Portraitversuche aus der Verwandtschaft. Die einzige Karzerstrafe während seiner Schulzeit verdankt er der Portraitierung seines Lehrers während der Geschichtsstunde. Nachdem die Mutter ihn zunächst zum juristischen Studium bewegen wollte, mußte sie zufrieden sein, ihm zunächst dadurch entgegen zu kommen, daß sie Ludwig das Studium der Architektur an der gerade in Kassel neugegründeten polytechnischen Schule ermöglichte. Dort war Ludwig mit Begeisterung bei der Sache und gehörte zu den besten Schülern Kraußkopf´s, der aus der Schule David´s kam. Nach einem Jahre mußte die Mutter einsehen, daß Begeisterung und Neigung zum Malerberuf sich bei Ludwig ständig gemehrt hatten. So durfte er sich dann endlich siebzehnjährig ganz der Vorbereitung zu dem ersehnten Berufe widmen und in die Malerklasse der Akademie zu Kassel eintreten. Hier war Ludwig Emil Grimm sein Lehrer im Zeichnen und Komponieren, ein Meister, der ihn zwar nur kurze Zeit leiten sollte, mit dessen Innigkeit, Sauberkeit und Neigung zum Portrait und Historienbild er aber später manch enge Gemeinsamkeit hatte.

 

Zu der an der Akademie von Professor Friedrich Müller vertretenen vorherrschend malerischen Richtung trat ein kleiner wertvoller Teil der Schülerschaft in sehr hartnäckige Opposition, die so weit getrieben wurde, daß es zur Trennung kam, ohne daß jedoch die scheidenden Schüler zu ihrer alten Akademie in Feindschaft gerieten. Die damals als neu und fortschrittlich empfundene Münchener historische Schule hatte es den leicht Begeisterten angetan und so schieden die Freunde Kaupert, Gunkel und Des Coudres aus der Kasseler Akademie und suchten sich durch Selbststudium und Lernen an den großen Meistern der Kasseler Gemäldegalerie weiterzubringen. Die drei Freunde lebten mit und füreinander in einem gemeinsam gemieteten Atelier und obwohl ihr Schritt – wie sie selber einsahen – etwas von einer Torheit an sich hatte, empfanden sie doch später dieses Triumvirndasein als einen der glücklichsten Abschnitte ihres Lebens. Für die Kasseler Akademie der frühen Zeit war dieses Ereignis insofern von Bedeutung, als die drei Abtrünnigen, wie mit Recht gesagt wird, ihre bedeutenderen Schüler überhaupt waren. Seit dieser Zeit ist auch Ludwigs um zwei Jahre jüngerer Bruder Julius Heinrich, der später Oberbergrat in Kassel war, ein Leben lang künstlerisch mitempfindender Freund.

 

Im Herbst 1839 verließ Ludwig seine Vaterstadt um in München seine Studien fortzusetzen. Er wurde Schüler von Schnorr von Carolsfeld im sogenannten Komponiersaal und trat außer mit diesem auch mit Hermann, Kaulbach, Schwanthaler, Eberhardt und Hofrat Schubert in nähere persönliche Beziehung. München, damals schon auf dem Wege zur deutschen Kunstmetropole, beeindruckte den Zwanzigjährigen stark. Für die Fresken von Cornelius und Heß und das künstlerische Schaffen Schnorr´s war er begeistert, und er wurde durch diese damals in München führende neue historische Schule in seinem weiteren Streben und Arbeiten stark bestimmt. Unauslöschlich prägte sich dem jungen Künstlerherzen der große Münchener Maskenzug des Karnevals von 1840 ein – von Gottfried Keller eindringlich beschrieben – der den Einzug Kaiser Maximilians in Nürnberg und die Feste, die die Nürnberger Bürgerschaft ihm zu Ehren gab, darstellte. Die Neuheit und Schönheit dieses gewaltigen Festes, veranlaßten ihn, wie fast alle Künstler, die damals in München weilten, an ihm im Festzug teilzunehmen. Nach einem Jahr fleißiger, ihn nicht immer befriedigender Arbeit kehrte er mit seinem Freunde und Landsmann Kaupert in einem Dezembermarsch zu Fuß nach Kassel zurück, da die Barschaft für eine Rückreise zu sehr zusammengeschmolzen war. Trotz großer Kälte zeichneten die Filzgestiefelten Wanderer in ihre Skizzenbücher Eindrücke ihres Weges durch die silberglitzernde Natur des Winters und durch die Herrlichkeiten der mittelalterlichen Städte Ingolsatdt, Nürnberg und Bamberg. Nach der Rückkehr der wandernden Kunstjünger nach Kassel widmete sich Ludwig 2 ½ Jahre Stoffen romantischer und geschichtlicher Art, ohne jedoch mangels eines ihn vervollkommenden Lahrers wesentlich vorwärts zu gelangen. Dennoch war für ihn diese Zeit in der geliebten Heimat, im Kreise seiner Familie und der alten Freunde, mit Gunkel teilte er wieder das Atelier, nicht verloren. Enger als vor der Münchener Zeit, verkehrte Ludwig nun mit Ludwig Emil Grimm, dem er vieles in seiner Entwicklung verdankt. Außerdem war es der Maler R. Glinzer, ein Bekannter der Brüder Grimm, dem er neben Stiegel und dem früh verstorbenen Fenner nahe stand. Regen Verkehr pflegte er in diesen Jahren mit den Kasseler Familien Aubel, Oetker, Wiegand, Henschel, Bromeis, Engelhardt, Emde, Fick usw. Zu roher Geselligkeit fanden sich die jugendlichen Vertreter dieser Familien zur sogenannten „Clique“ zusammen, die durch besonders freundschaftlichen Zusammenhalt bekannt war.

 

Das Jahr 1843 führte Ludwig nach Italien. Nach damaliger Ansicht konnte ein junger Künstler nicht früh genug dies in Deutschland von jeher so besonders geliebte Vaterland der Kunst besuchen und kennen lernen. Nach einer anregenden Reise über München, Venedig, Florenz gelangte Ludwig im Dezember nach Rom, wo er für zwei Jahre ohne eigentlichen künstlerischen Mentor lebte, schaute und sich zu fördern suchte. Er traf in Rom auf einen harmonischen Kreis von Landsleuten, unter ihnen Werner Henschel, Frau Hummel, den kurhessischen Hofmaler von Rohden mit seiner Familie, August Bromeis und andere. Ludwigs italienische Briefe sprechen in anschaulichen Bildern von dem herzlichen Zusammenhalt und der Freundschaft unter den in Rom lebenden Hessen. Weitere Reisen durch Italien führten Ludwig auch nach Neapel und ließen ihn Land und Leute kennenlernen. So benutzte er seinen Aufenthalt zu einem unmittelbaren Studium der gesamten römischen und italienischen Kunst, wie auch mancher volkskundlichen Seite des dortigen Lebens. Die Lektüre Dantes brachte ihn auf das später von ihm behandelte Motiv von Francesca da Rimini. Die Skizzenbücher füllten sich mit schönen Studien, aber dennoch brachte Ludwig im September 1845 keine größeren Arbeiten, Fortschritte und nur innere Unzufriedenheit und manchen Zweifel in sich selbst mit in die Heimat. Da sollte den Fünfundzwanzigjährigen ein Treffen mit J. W. Schirmer, dem er später Freund und Mitarbeiter wurde, auf die richtige Bahn bringen. Auf Schirmers Rat ging Ludwig im Herbst 1846 als Schüler von C. F. Sohn nach Düsseldorf, wo er die Mängel und Lücken seiner Ausbildung mit Beharrlichkeit und in kurzer Zeit überwinden konnte.

 

In dem erfolg- und arbeitsreichen Düsseldorfer Jahrzehnt legte er mit den Grund zu jenen Entwicklungen, die das Düsseldorfer Künstlerleben und –schaffen weltbekannt und berühmt machten. So gehörte Ludwig mit zu den Begründern des „Malkasten“ und des ersten Künstlerunter-stützungsvereins. Der „Malkasten“ diente ursprünglich geselligen Zwecken, der Unterstützungsverein sozialen und ständischen. Der „Malkasten“ hat auf das Zusammenleben der Düsseldorfer Künstler einen einzigartigen Einfluß ausgeübt und ihm einen Mittelpunkt geschaffen, der ihm eine Berühmtheit durch ganz Deutschland verlieh. Schließlich hat der „Malkasten“ das Zusammengehörigkeitsgefühl der Künstlerschaft – zunächst Düsseldorfs – derart ausgebildet, daß von ihm der Anstoß zur Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft ausgehen konnte. Unter den Ludwig näherstehenden jüngeren Malern seien noch aus der Düsseldorfer Zeit genannt: Leutze, Michelis, Mintrop, J. Kehren, Böttcher, Weber, Röting, Wraske, Kiepert, Geselschap und Siegert. Am nächsten stand er aber doch Gude und den Achenbachs. Die Herzlichkeit der Beziehung mag folgender Briefausschnitt Oswalds vom 21. April 1851, als Ludwig gerade in Paderborn weilte, bekunden:

 

„Mein lieber Des! Du scheinst Düsseldorf und uns Deine Freunde ganz vergessen zu haben und ich kann nicht umhin Dich daran zu erinnern, daß wir recht oft an Dich denken, und ferner Dir zu sagen und zuzumuten, meine am 3. Mai stattfindende Hochzeit zu verherrlichen.
– Solltest Du bis zu dieser Zeit noch nicht aus freien Stücken hierher zurückgekehrt sein, so wirst Du hierdurch gezwungen, extra deswegen, Dich auf die Lappen zu machen...
Nun lieber Freund, leb recht wohl und komm recht schön, oder auch umgekehrt, leb recht schön und komm recht wohl; Du siehst, daß ich es nicht so genau nehme, darin hast Du Deine volle Freiheit, aber kommen mußt Du! Meine Braut und alle Arnz lassen Dich herzlich grüßen. Sei auch von mir vielmals gegrüßt und komm! Komm! Komm!

Dein Freund Oswald Achenbach.“

 

Die Mutter der Achenbachs war übrigens eine Kasselanerin, wie auch Andreas in Kassel geboren war. Schon hierdurch war Ludwig ihnen von Anfang an besonders nahe gekommen und von ihnen in Düsseldorf herzlich aufgenommen worden, wie er einmal schrieb. Der September 1851 führte Ludwig, streckenweise mit der Eisenbahn, über Aachen, Lüttich nach Brüssel und Antwerpen. In Brüssel hatten sich anläßlich des belgischen Festes der Unabhängigkeit die Düsseldorfer Künstler an der großen Kunstausstellung beteiligt und ausgesprochenen Erfolg gehabt. Ludwig bedeutete diese Reise, die er auf das Studium besonders der germanischen Wurzel dieses Landes innerhalb von Volkstum, Leben und Kunst ausdehnte, ein entscheidendes Näherkommen zur flämisch-holländischen Kunst, die er von den reichen Sammlungen seiner Heimatstadt schon gut kannte.

 

Daß er auch die politischen Zeichen seiner Zeit klar erkannte, geht aus Briefen an die Mutter hervor, die er herzlich liebte. Es fallen ja gerade in Ludwigs Düsseldorfer Jahre politische Ereignisse, die von Westen her die gefährlichen Wesenszüge von Liberalismus und Demokratie ankündigten. (sic!) Da reagiert der sonst dem Politischen so abgewandte Künstler 1848 auf die Pariser Revolution und die durch ihre (von ihm so genannte) „kommunistische Propaganda“ in Europa überall spürbaren Rückwirkungen mit den Worten:

 

„Man ist manchmal geneigt zu glauben, als gingen diese Sachen von einer verborgenen finsteren Macht aus, die in dieser Unordnung zu gewinnen hofft.“

 

Kunstschule Karlsruhe

1854 war J. W. Schirmer vom damaligen Prinz-Regenten von Baden nach Karlsruhe zur Gründung einer Kunstschule als Direktor und Professor berufen worden. Auf Schirmer´s Vorschlag erfolgte schon im Sommer 1855 Ludwigs Berufung nach Karlsruhe als Professor und Lehrer der Antiken- und Malklasse. Für den Lehrberuf war Ludwig Des Coudres wie geschaffen. Die harte Schule des Lebens, das Ringen mit sich selbst und das langsame Werden zu dem, was er war, hatten seinen Charakter entwickelt und ihn bei seiner pädagogischen Begabung zu einem Lehrer ersten Ranges reifen lassen. So wirkte er im harmonischen Nebeneinander und in glücklicher Ergänzung mit Schirmer zusammen am Aufbau des Karlsruher Institutes, das sich zunächst infolge des künstlerischen Herkommens seiner beiden ersten Meister aus Düsseldorfer Tradition heraus entwickelte.

 

Jahrelang leitete Ludwig allein den Antiken-Saal, die Mal- und Künstlerklasse, bis im Laufe der Jahre nach dem allmählichen Emporblühen und Wachsen der Akademie noch weitere Lehrer, wie z.B. sein Düsseldorfer Freund, der Norweger Hans Gude, Riefstahl, Jussow, Hillebrandt und Keller berufen wurden. Bei der hohen Qualität der aufblühenden Neugründung blieb die künstlerische Größenordnung der Karlsruher Kunstschüler ein Ruhmesblatt ihrer ersten Professoren. Aus der Karlsruher Akademie gingen hervor: Hans Thoma, Hoff, A. v. Werner, Bracht, v. Waldenburg, Ferd. Keller, Carl-Friedrich Deicker, Egg u.a. Neben seiner Lehrtätigkeit, die Des Coudres mit so großem und sichtbarem Erfolg und nie ermüdender Geduld ausübte, war er im ersten Jahrzehnt seiner Karlsruher Tätigkeit auch stark an neuen Bildern beschäftigt. Außer einer Reihe meisterhafter Portraits entstanden mehrere große Darstellungen religiösen Inhaltes, für die er sich besonders berufen glaubte. Sie brachten ihm zu seiner Zeit hohe Anerkennungen, u.a. den Charakter eines badischen Hofmalers ein. Daneben entstanden auch noch Genrebildnisse mannigfacher Art.

 

1858 hatte Ludwig sich mit Elise von Reck, einer Tochter des badischen Obersten von Reck in Karlsruhe vermählt. Dieser glücklichen Ehe entsprossen zwei Kinder, Adolf und Luise. Durch diese Verbindung hatte er sich auch für den weiteren Verlauf seines Lebens und Schaffens für Karlsruhe entschieden, wo er bis zu seinem Tode in einem großen ihm nahestehenden Kreise wirken durfte. Auch in Karlsruhe widmete sich Ludwig der eifrigen Pflege eines dort ebenfalls gegründeten Kunstvereins und darüber hinaus der deutschen Kunstgenossenschaft. Dreimal wurde er in wichtigen Denkschriften im Interesse des deutschen Künstlerschaffens tätig, ein Zeichen wie stark er an der Blüte und Entwicklung seines Künstlerberufes Anteil hatte.

 

Von großer Bedeutung war seine vom Hauptvorstand der deutschen Kunstgenossenschaft in Weimar 1864 herausgegebene Denkschrift zum Gesetze über den Schutz des Urheberrechtes an Werken der Literatur und Kunst, wie es von der deutschen Bundesversammlung vorbereitet worden war. Auch die Karlsruher Kunsthalle dankt ihm manche Förderung. Der Tod seines Freundes J. W. Schirmer 1863 nach achtjährigem gemeinsamen Wirken, der ihm sehr nahe ging, änderte manches geplante Vorhaben. Ludwig Des Coudres mußte nunmehr die geschäftsführende Leitung der Karlsruher Akademie der bildenden Künste übernehmen. Mit allem Ernst und hohem Verantwortungs-bewußtsein ging er an die Arbeit. Im Januar 1864 zeugt ein Promemoria zur Kunstschulreform von seinem fortschrittlichen Bemühen und Wirken. Da warf ihn noch im selben Winter ein Sturz auf dem Eise in vierzehnjähriges Siechtum. Zwar raffte er sich mit bewundernswerter Energie immer wieder auf, um seinen Aufgaben und Pflichten nachzukommen, von denen er eine so hohe Vorstellung hatte und die ihm kaum eine verdiente Rast gönnten.

 

Bildnis der Tochter Luise, 1877, Öl auf Leinwand

Lähmungserscheinungen an Füßen und Sprachorganen konnten ihn nicht hindern, noch ein Jahr vor seinem Ende ein Bildnis seiner jugendschönen Tochter in aller Frische und Anmut eines glücklichen Menschenfrühlings zu malen, das zu seinem eigenen seelischen Zustand in so tragischem Kontrast stand. So wirkte er im Amt und an der Staffelei bis wenige Monde vor seinem Tode, der ihn am 23. Dezember 1878 als Freund von aller irdischen Qual erlöste. Von seinem großen Kreis von Schülern und Freunden wurde der Tod dieses „ganzen Mannes“ betrauert, dem seine Zeit diese Charakteristik verliehe hat: Tüchtig, treu und selbstlos; besonnen in Rat und Tat, fest und beharrlich in seiner Überzeugung; ein echter Künstler von seltenem Adel der Gesinnung und in seinem allem Materialistischen abgekehrten unermüdlichen Streben zum Wahren und seiner hingebenden Liebe für alles Schöne.

 

Bei der beschließenden kurzen Würdigung des Lebenswerkes Ludwig Des Coudres´ darf auf eine Zusammenstellung der bekannter gewordenen größeren Bilder verwiesen werden, die der 1. Band von Friedrich von Boetticher´s „Malerwerken des 19. Jahrhunderts“ enthält. Diese Aufführung ist indes höchst unvollständig und enthält zum größten Teil gerade jene Werke, für die ihr Schöpfer sich zwar besonders berufen glaubte, in denen jedoch nicht die eigentliche Bedeutung Ludwig Des Coudres´ liegt. Denn neben den gut komponierten, größeren Werken religiösen Inhalts und der Historienmalerei hat er gerade eine größere Anzahl von Portraits gemalt, deren Zahl wegen ihrer Verstreutheit in Familienbesitz bisher unbekannt geblieben ist. Die immerhin zahlreichen, bisher bekannt gewordenen Bildnisse zeigen, daß ihrem Meister hierfür schon allein eine Wertung der kunstverständigen Nachwelt gebührt, die Ludwig Des Coudres bisher – zumindest in seiner hessischen Heimat – nicht gefunden hat.

 

Ludwig Des Coudres, Portraitfoto ca. 1875

Es soll nicht vergessen werden auf eine große Anzahl von einzigschönen Interieurs, Kinderbildern, Genrestücken, farbigen und nicht kolorierten Studien hinzuweisen, die heute verstreut, die eigentliche Stärke von Ludwig Des Coudres´ künstlerischer Begabung bedeuten. Hier darf eine bescheidene Parallele zu L. E. Grimm gewagt werden, dessen eben jetzt erst erkannte einzigartige Bedeutung auch gerade in den bisher wenig bekannten und verstreuten kleineren Arbeiten liegt. Außer der hessischen Heimat der Familie, mit der ihn bis zu seinem Ende engste Band verknüpften, bergen westfälischer und rheinischer Privatbesitz, das Städtische Kunstmuseum am Hofgartenufer in Düsseldorf und besonders die badische Kunsthalle in Karlsruhe manche unbekannte Arbeit seines Lebens.

 

 

Quellen und Schrifttum:

 

Allgemeine Deutsche Biographie, 47. Bd., S. 666. 1903 Badische Biographien, 3. Teil, S. 21, 1881 Beringer, Jos. Aug..: Bad. Malerei im 19. Jahrhundert, 1913 v. Boetticher, Fr. : Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. 1, S. 218. 1891 Des Coudres, Ludwig, Prof.: Denkschrift betreffend die Beurteilung einiger Stellen des Entwurfs eines für sämtliche Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes zum Schutze des Urheberrechtes an Werken der Literatur und Kunst gegen Nachdruck, sowie gegen unbefugte Nachbildung und Aufführung. Weimar 1864 Düsseldorfer Künstler Album. Beiträge in Bd. 1- 4 (1851 – 1854). Grimm, Ludwig Emil: Erinnerungen aus meinem Leben. Hrsg. Und ergänzt von Adolf Stoll. 1913 Nagler: Die Monogrammisten, Bd. 4, S. 335. 1876 v. Oechelhaeuser, Adolf: Geschichte der Großh. Badischen Akademie der bildenden Künste. Festschrift 1904 Seubert: Allgem. Künstlerlexikon, Bd. 1, S. 370 Thieme-Becker: Künstlerlexikon, Bd. 9, S. 121. 1913

Aufsatz erschienen 1942